Kurzstudie Antifa Ost

Die radikale Linke als Teil der politischen Kultur am Beispiel von Rostock und Leipzig

In seiner Kurzstudie „Antifa Ost“ untersucht Michael Lühmann die Entstehung und Entwicklung linker Militanz in Ostdeutschland – exemplarisch an den Städten Rostock und Leipzig. Er zeigt, wie sich politische Kultur, Erinnerung und städtische Räume gegenseitig beeinflussen und wie daraus spezifische Formen antifaschistischer Identität entstehen.

Am Beispiel Rostocks beschreibt Lühmann, dass linke Militanz hier besonders dort wächst, wo rechte Präsenz – sei es durch Parteien, Aufmärsche oder alltägliche Sichtbarkeit – spürbar ist.
Die Erinnerung an das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen 1992 wirkt bis heute als zentraler Bezugspunkt. Sie dient der radikalen Linken als Begründung für Selbstermächtigung und dauerhafte antifaschistische Präsenz im öffentlichen Raum. Zugleich steht Rostock für einen widersprüchlichen sozialen Wandel: Abwanderung, Überalterung und soziale Spaltung prägen das Stadtbild ebenso wie ein starkes Engagement gegen rechte Gewalt.

In Leipzig, insbesondere im Stadtteil Connewitz, richtet Lühmann den Blick auf die symbolische Bedeutung urbaner Räume für linke Bewegungen. Connewitz ist zu einem mythischen Ort kollektiver antifaschistischer Identität geworden – vergleichbar mit der Hafenstraße in Hamburg oder Kreuzberg in Berlin.
Hier verdichten sich Lebenswelten, Protestkulturen und politische Konflikte zu einem identitätsstiftenden Mythos: dem Mythos Connewitz. Dieser speist sich aus der Geschichte von Hausbesetzungen, Polizeikonflikten und einer starken alternativen Kultur, die bis heute eine Sogwirkung auf junge, linke Milieus ausübt.

Lühmann betont, dass dieser Mythos nicht nur von der linken Szene, sondern auch von Stadtgesellschaft, Polizei und Politik ständig neu verhandelt wird – und dadurch zur dauerhaften Projektionsfläche gesellschaftlicher Konflikte über linke Militanz, Erinnerung und Sicherheitspolitik geworden ist.

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