„Die Gewalt kam damals zu uns“

Der Berliner Thomas J. ist mit sechs weiteren Linken wegen mutmaß­licher Angriffe auf Neonazis angeklagt. In seiner Jugend wurde er zum Antifaschisten.

Am Ende bemerkte Thomas J., dass es eng wird. Er hatte eine Polizistin an seinem Fahrrad gesehen, als es angeschlossen im Berliner Stadtteil Wedding stand, damals, am 21. Oktober vergangenen Jahres. Er sei später dennoch mit dem Rad losgefahren – als ihn plötzlich mehrere Beamte eines Einsatzkommandos mit gezückten Waffen vom Sattel gezogen und festgenommen hätten. Da war seine Flucht, nach zwei Jahren, vorbei. „Es war klar, dass das eines Tages passieren kann“, sagt Thomas J. gelassen. „Darauf hatte ich mich lange vorbereitet.“

J. sitzt, als er das erzählt, an einem Aprilvormittag im Besucherraum der JVA Moabit in Berlin, ein wuchtiger Bau hinter meterhohen Mauern, eines der größten Untersuchungsgefängnisse Deutschlands. Der muskulöse 48-Jährige, volltätowierte Arme, schwarzes Shirt, spricht ruhig und höflich, die Hände legt er gefaltet auf den Tisch. Der Raum ist hell und in die Jahre gekommen, auch andere Gefangene empfangen dort gerade Besuch, beaufsichtigt von JVA-Mitarbeitenden.

Auf Thomas J. aber richten sich besonders genaue Blicke. Bevor er hereingeführt wurde, war er penibel kontrolliert worden, musste sogar seine Armbanduhr abgeben. An seinem Besuchertisch sitzen nun noch zwei mittelprächtig gelaunte LKA-Beamte mit Schreibblock und machen sich Notizen.

Denn J. gilt den Sicherheitsbehörden momentan als einer der gefährlichsten Linksextremen in Deutschland. Der Mann aus Berlin-Kreuzberg soll der Kampftrainer der Autonomen-Gruppe um die Leipzigerin Lina E. gewesen sein, die ab 2018 mehrere schwere Angriffe auf Rechtsextreme in Sachsen und Thüringen begangen haben soll, auch mit Schlagstöcken und Hämmern.

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